Umweltpolitik: Grundlagen

Umweltpolitik: Grundlagen
Umweltpolitik: Grundlagen
 
Die erheblichen Umweltbelastungen, die der wirtschaftliche Aufschwung in den 50er- und 60er-Jahren in den Industrieländern verursacht hatte, führten allmählich zu einer erheblichen Sensibilisierung von Bevölkerung und Politik. Spätestens seit den 70er-Jahren hat Umweltpolitik weltweit ein hohes und weiter zunehmendes Gewicht in der nationalen und internationalen Wirtschaftspolitik.
 
 Ziele von Umweltpolitik
 
Umweltpolitik kann man allgemein definieren als die Summe aller wirtschaftspolitischen Maßnahmen, die zur Verbesserung oder Aufrechterhaltung der Umweltqualität führen. Kurzfristige Ziele von Umweltpolitik sind die Reduktion von Schadstoffemissionen in Luft, Wasser und Boden. Langfristig hat Umweltpolitik zum Ziel, ein nachhaltiges Wirtschaften zu erreichen. Die Forderung der Nachhaltigkeit wirtschaftlicher Aktivitäten bedeutet einen Ausgleich des Gegensatzes zwischen Ökonomie und Ökologie in der Weise, dass eine dauerhafte Qualitätssicherung der Umwelt in das Zielsystem der Ökonomie aufgenommen wird. Dadurch werden die Grundlagen sowohl der Ökologie als auch der Ökonomie gesichert, wie die umweltökonomische Gesamtrechnung zeigt.
 
 Optimallösung: Pigou-Steuer
 
Die Sicherung der Umweltqualität kann auf sehr vielfältige Weise von der Wirtschaftspolitik erreicht werden. Ausgangspunkt der ökonomischen Theorie der Umwelt ist die Pigou-Steuer, deren Bezeichnung auf den englischen Ökonomen Arthur Cecil Pigou (1877-1959) zurückgeht. Die Pigou-Steuer ist eine Steuer auf die Emissionsmengen. Dabei wird die Höhe der Steuer so festgelegt, dass Grenznutzen und Grenzschaden identisch sind. Dadurch wird ein gesamtwirtschaftliches Optimum unter Einbezug von Schadstoffemissionen erreicht. Die von den Schadstoffen ausgehenden externen Effekte sind vollständig internalisiert, das bedeutet, der Verursacher bezieht die Schäden korrekt in seine Gewinnmaximierung ein und reduziert entsprechend seine umweltschädigenden Aktivitäten. Das entscheidende praktische Problem der Pigou-Steuer ist, dass die durch Umweltverschmutzung verursachten Schäden nur in seltenen Ausnahmefällen in Geldeinheiten zu bewerten sind.
 
 Instrumente der Umweltpolitik
 
Die fehlende Kenntnis der tatsächlich entstehenden Kosten der Umweltschäden hat dazu geführt, dass sich in der umweltpolitischen Praxis zahlreiche Ersatzlösungen für die Pigou-Steuer durchgesetzt haben. Die prinzipielle Wirkung der meisten umweltpolitischen Instrumente besteht darin, die Kosten der Produktion zu erhöhen, da das vorher kostenlose Gut Umwelt einen Preis bekommt. Ein Produzent wird veranlasst, neue weniger schadstoffintensive Produktionsprozesse zu wählen. Die höheren Kosten werden über den Preis an den Endverbraucher weitergegeben mit der Folge, dass umweltschädlich hergestellte Güter teurer werden. Der Konsument wird dazu übergehen, seine Nachfrage nach diesen Gütern zu reduzieren. Bei weniger schädlichen Stoffen werden die Emissionen meist durch die Vorgabe von Obergrenzen (Grenzwerte) eingeschränkt. Ein Kraftwerk darf danach z. B. nur eine bestimmte Menge an Schwefeldioxid, Stickstoffoxid und Kohlenmonoxid pro Kubikmeter Abgasmenge an die Außenluft abgeben. Gelegentlich werden auch Gebote für die Verwendung bestimmter Güter, wie beispielsweise schwefelarmen Heizöls oder bleifreien Benzins, ausgesprochen. Durch die Einführung einer Emissionsteuer lassen sich im Prinzip die gleichen Wirkungen erzielen wie durch die Vorgabe von Grenzwerten. Allerdings ist die Wirkung der Steuer im Voraus schwer abzuschätzen, da die Kosten der Verursacher den Umweltpolitikern nicht bekannt sind. Erst nach Implementierung der Steuer ist allmählich ihre Wirkung absehbar. Eine Korrektur des ursprünglich gewählten Steuersatzes ist zwar möglich, aber dies kann zu erheblichen Wirkungsverzögerungen der Emissionsreduktion und zu Unsicherheiten in der Wirtschaft führen.
 
Ein interessanter und in der praktischen Umweltpolitik bislang wenig beachteter Ansatz besteht in der Vergabe und dem Handel von Emissionslizenzen. Für eine ganze Region werden Grenzwerte für die Schadstoffe festgelegt. Die Emissionslizenzen verbriefen das Recht zur Emission einer bestimmten Menge Schadstoff. Die Verursacher erhalten entweder eine Anfangsausstattung mit Lizenzen oder müssen sie dem Staat im Zuge einer Versteigerung abkaufen. Die Verursacher können die Lizenzen untereinander handeln. Dadurch stellt sich ein Ausgleich der Kosten zwischen den Verursachern und somit eine optimale ökonomische Lösung ein. Bei Grenzwerten und Steuern werden dagegen jedem Verursacher unterschiedliche Kosten der Emissionsreduktion entstehen, sodass diese Maßnahmen gesamtwirtschaftlich nicht optimal sind. Bei extrem schädlichen Stoffen, wie z. B. dem Insektizid DDT, wird die Emission häufig vollständig untersagt (Verbote). Ein anderer Weg für solche Stoffe ist die Verbesserung des Haftungsrechts beispielsweise durch die Umkehrung der Beweislast zugunsten des Geschädigten.

Universal-Lexikon. 2012.

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